Kreistagsfraktion

Besuch im „Dorf Wangerland“

09.12.2023 · von Reiner Tammen

Die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat am 06.12.23 die Notunterkunft der Landesaufnahmebehörde Oldenburg (LAB) in Hohenkirchen besucht.
 

Die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat am 06.12.23 die Notunterkunft der Landesaufnahmebehörde Oldenburg (LAB) in Hohenkirchen besucht.
Von links Sven Wietusch Standortleitung, Wilhelm Wilken KTA, Almuth Thomßen Stadtrat Jever, Reiner Tammen KTA, Matina Esser KTA, Uwe Burgänger KTA, Sigrid Busch KTA, Claudia Eisenheim Fachleiterin Verwaltung, Martin Stürzebecher Geschäftszimmer Einrichtungsleitung.

Nachdem nun seit dem 01.04.23 Geflüchtete in der ehemaligen Kaserne untergebracht sind, gab es in der Kreistagsfraktion großes Interesse daran, zu erfahren, wie das Zusammenleben nun, ca. 8 Monate später in der Unterkunft und in Hohenkirchen funktioniert.

Da unser Kreistagsmitglied Reiner Tammen als Ratsmitglied der Gemeinde Wangerland von Anfang an an den Planungen beteiligt war, stellte er die Verbindung zur Einrichtungsleitung her und organisiert den Termin. So trafen wir uns um 12:00 Uhr im Dorf Wangerland mit Sven Wietusch, als Standortleiter, Claudia Eisenbein, Fachbereichsleiterin Verwaltung und Martin Stürzebecher, Geschäftsführer der Standortleitung, in der Rezeption. Da alles gut geplant und optimal vorbereitet war, ging es schnell weiter in die ehemalige Sporthalle, in der nun unter anderem ein Kinderhaus eingerichtet ist.

Hier werden die ca. 60 zur Zeit in der Unterkunft lebenden Kinder vormittags betreut. Es ist ein ausreichend großer Bereich, der Spielzeugen ausgestattet ist. Während sich die Kinder hier aufhalten, werden sie selbstverständlich betreut und es gibt auch Getränke und „gesunde Kleinigkeiten“ zu essen.

Danach durften wir uns die Medizinische Abteilung ansehen. Diese ist rund um die Uhr mit Krankenpflegekräften besetzt, ein Arzt ist zu festgelegten Zeiten dort. Die Räume sind gut ausgestattet und machen, genau wie das Personal einen sehr freundlich Eindruck! Dieser Eindruck setzte sich während des ganzen Termins fort. Ob Personal, Security oder Bewohner, alle waren zugewandt und freundlich.

Auf dem Weg zu den Speiseräumen gab der Standortleiter uns einen Überblick über die Gebäude. Von den sieben genutzten ehemaligen Unterkunftsgebäuden, die nun alle von die LAB genutzt werden, ist eins ein Frauenhaus, in dem nur allein reisende Frauen, bzw. Frauen mit Kindern untergebracht sind. Die Eventhalle und auch alle weiteren Hallen, in denen nach dem Kauf der Kaserne durch Hennie van der Most, Gastronomiebetrieb stattfand, werden zz renoviert. Der Betrieb in der Spielstadt, einem Indorspielpark, wird normal weitergeführt.
 
Nun ging es weiter durch den großen Speisesaal in einen Nebenraum, wo wir uns bei Kaffee und Tee über das ganze Thema der Migration austauschen konnten. Der größte Teil des ca. einstündigen Gesprächs wurde aber von der Kreistagsfraktion dafür genutzt, Fragen zu stellen. Diese wurden alle ausführlich beantwortet.
Das größte Interesse von unserer Seite, galt dem Zusammenleben der Bewohner der Einrichtung aus vielen verschiedenen Nationen mit verschiedenen Religionen. Die Angst auf unserer Seite, es könnte häufig zu Streit, bzw. zu Auseinandersetzungen kommen, wurde widerlegt. Es habe in der ganzen Zeit zwei erwähnenswerte Ereignisse gegeben, bei denen es aber um normale Konflikte ging, wie sie in jeder anderen Einrichtung auch vorkommen und nichts mit Religion oder Migration zu tun hatten.

Etwaige Befürchtungen, es würde durch die Bewohner der LAB verstärkt zu Diebstählen in den Discountern neben der Einrichtung kommen, sind unbegründet. Es gibt Untersuchungen seitens der Polizei, die aussagen, dass die Diebstahlrate in der Zeit, seitdem die Einrichtung durch die LAB genutzt wird, nur um 0,3% gestiegen ist.
Im weiteren Gespräch ging es dann um die verschiedenen Nationalitäten der Gäste, die in der Einrichtung leben. Der größte Teil kommt aus der Türkei und aus Kolumbien. Das überraschte einige Fraktionsmitglieder, aber auch das wurde plausibel und nachvollziehbar erklärt. So haben wohl viele Einwohner in der Türkei, die unter der Regierung Erdogan leiden, zunächst die Wahl im Land abgewartet. Nach der Wiederwahl des Türkischen Präsidenten nahm die Zahl Asylsuchender aus der Türkei zu.

Die Menschen, die aus Kolumbien zu uns kommen, flüchten nicht vor einem Krieg, denn der ist dort schon seit Jahren beendet. Aber es gibt im ganzen Land Bandenkriminalität. Menschen werden auf offener Straße erschossen, nur weil irgendwer entschieden hat, dieser Mensch sei unerwünscht. Gäste der LAB wissen vieles zu berichten und weisen darauf hin, dass der Blick aus dem Ausland, also auch von uns, nur auf den Krieg ausgerichtet war. Die Zustände seien aber danach nicht wesentlich besser geworden.

Seitens des Standortleiters wurde uns aber auch mitgeteilt, dass der Bildung- und Ausbildungstand der Geflüchteten aus Kolumbien zum Teil sehr hoch sei. So wusste er von einem Herzchirurgen und von Zahnärzten, die schon als Gäste in der Einrichtung waren. Diese in Deutschland dringend benötigten Fachkräfte hätten aber kaum ein Recht auf Asyl, da es in Kolumbien keinen Krieg mehr gibt. Trotzdem müssen die Betroffenen das Asylverfahren bis zum Ende durchlaufen und fast immer wieder ausreisen. Danach könnten sie dann, mit der Absicht hier in Deutschland zu bleiben und zu arbeiten, mit einer „Blauen Karte EU“ einreisen.
Für alle in der Runde war dieses Verfahren nicht nachvollziehbar und nur schwer zu ertragen.
Durch die Standortleitung wurde dann noch einmal darauf hingewiesen, dass die Arbeit in der LAB an dem Standort in Hohenkirchen sehr gut läuft und durch Einheimische nicht nur getragen, sondern auch unterstützt wird. Sei es durch einzelne Personen, durch die Kirche oder durch einen Runden Tisch, der sich vierteljährig in der Einrichtung trifft, um über die Arbeit in der Einrichtung zu sprechen. Hier ist unter anderem die Polizei, die Feuerwehr und Verwaltung der Gemeinde beteiligt.

Von allen, die an der Einrichtung der LAB im Dorf Wangerland Beteiligten (Gemeinde Wangerland, Landkreis Friesland, Land Niedersachsen) wird die Gemeinde Wangerland und das Dorf Wangerland immer wieder als Vorzeigeprojekt bezeichnet. Dem konnten wir nur beistimmen.


Diesen Artikel teilen: Facebook Twitter